Epidemiologie des Substanzkonsums und der Suchterkrankungen in Deutschland

Die Zielsetzung des vorliegenden Überblicks ist die Darstellung der Epidemiologie des Konsums der vier Substanzgruppen Alkohol, Tabak, illegale Drogen und Medikamente in Deutschland. Im Einzelnen geht es um folgende Fragen: 1. Welche Bedeutung haben der Konsum psychotroper Substanzen sowie Suchtstörungen für die gesundheitliche Gesamtbelastung der Bevölkerung im Vergleich zu anderen Erkrankungen beziehungsweise Störungen? 2. Wie hoch sind die Prävalenzen des Konsums dieser vier Substanzgruppen, der entsprechenden Suchtstörungen und Folgeerkrankungen in Deutschland? 3. Wie viele Menschen mit einer substanzbezogenen Störung sind in Behandlung? 4. Wie hoch sind die Kosten substanzbezogener Störungen?
Der systematische Literaturüberblick zur Prävalenz bezieht sich in erster Linie auf bevölkerungsrepräsentative Primärstudien über die Substanzgruppen Alkohol, Tabak, illegale Drogen und Medikamente mit Suchtpotenzial in Deutschland. Zudem werden Ergebnisse jeweils jüngster Studien zu Kosten-Nutzen-Analysen dargelegt.
Alkoholstörungen gehören in Europa zur Liste der zehn wichtigsten Krankheiten/Unfälle mit dem stärksten Einfluss auf die gesundheitliche Gesamtbelastung. An der Spitze der vermeidbaren Risikofaktoren für Erkrankungen steht das Rauchen von Tabak mit 7,3% abhängigen Rauchern (in den letzten zwölf Monaten der Erhebung 2006 bezogen auf die 18- bis 64-Jährigen). Danach folgen der Konsum von Alkohol mit 2,4% Abhängigen und 3,8% mit der Diagnose Missbrauch nach DSM-IV sowie der Konsum von illegalen Substanzen (Erhebung 2000 bei 18- bis 59-Jährigen) mit 0,6% Abhängigen und 0,3% mit der Diagnose Missbrauch. Der Alkoholverbrauch gemessen an den Verkaufszahlen in Deutschland ist seit 1980 rückläufig. Bei den psychotropen Substanzen scheinen extremere Missbrauchsformen besonders bei Jugendlichen zuzunehmen. Die stationären Krankenhausaufnahmen wegen Alkohol sind besonders bei Jugendlichen stärker angestiegen als in der Gesamtbevölkerung. Die Erreichbarkeit von Betroffenen, besonders solcher mit einer Medikamenten- und Tabakabhängigkeit, durch suchtspezifische Hilfen ist völlig unzureichend. Die Kostenberechnungen für die Folgen des Konsums verschiedener Substanzgruppen ergeben nach Abzug von Nutzenschätzungen (einschließlich Steuern) für Alkoholdiagnosen durchschnittliche jährliche Nettokosten von 316 Euro pro Kopf der Erwachsenenbevölkerung im Alter von 18 bis 65 Jahren und von 133 Euro für Tabakabhängige.
Die ungenügende Erreichbarkeit der Patienten mit substanzbezogenen Störungen kann durch Maßnahmen im Bereich des primären und des sekundären Versorgungssystems verbessert werden. Der Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen bedarf besonderer Beachtung und Interventionen. Für die Planung der Suchthilfe ist eine Abschätzung des Behandlungsbedarfs und der Akzeptanz des Hilfeangebots in Forschungsstudien erforderlich.

Quelle: SpringerLink – Zeitschriftenbeitrag

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