Patient-Arzt-Interaktion in der Rehabilitation

S. Dibbelt, M. Schaidhammer, C. Fleischer, B. Greitemann

Gibt es einen Zusammenhang zwischen wahrgenommener Interaktionsqualität und langfristigen Behandlungsergebnissen?

Eine Reihe von Studien legt nahe, dass die Qualität der Interaktion zwischen Behandler und Patient entscheidend für gute medizinische Praxis ist und dass sie einen erheblichen Einfluss auf die Behandlungsergebnisse hat. Die Rolle und Bedeutung der Arzt-Patienten-Interaktion in der Rehabilitation ist dagegen weniger gut untersucht. Das Ziel der vorliegenden Studie war es, die wahrgenommene Qualität der Arzt-Patienten-Interaktion in der stationären somatischen Rehabilitation aus Arzt- und Patientensicht mit einem Fragebogen zu erfassen und die Hypothese zu überprüfen, dass es eine positive Beziehung zwischen der (von Patienten wahrgenommenen) Interaktionsqualität in den Arzt-Patienten-Kontakten und langfristigen Behandlungsergebnissen gibt.

Mit Bezug auf den Ansatz von Bensing (1990) definierten wir „Qualität der Interaktion” hinsichtlich dreier Dimensionen des ärztlichen Interaktionsverhaltens: 1. affektives Verhalten, d. h. die Realisierung von Empathie, Wertschätzung und Kohärenz; 2. instrumentelles Verhalten: das Geben und Einholen von Informationen, die Strukturierung des Gesprächs, sodass der Patient Gelegenheit hat, alle wichtigen Themen anzusprechen, sowie Lob und Ermutigung gesundheitsfördernder Ansätze und Maßnahmen; 3. Interventionen zur (aktiven) Beteiligung des Patienten am Behandlungsprozess und an wichtigen Entscheidungen. Anhand dieser 3 Dimensionen wurden 2 parallele Versionen eines Fragebogens für Ärzte und Patienten zur Bewertung der gemeinsamen Gespräche entwickelt. 7 Rehabilitationskliniken im norddeutschen Raum nahmen an der Studie teil. 61 Ärzte und ihre insgesamt 470 Patienten bewerteten die gemeinsamen Gespräche bei Aufnahme, Entlassung und mindestens einer Visite. Die Patienten bewerteten außerdem ihren Gesundheitsstatus bei Aufnahme, Entlassung sowie 6 Monate nach Entlassung mit dem Patientenfragebogen IRES-3.

1. Die Vergleiche von Arzt- und Patientenurteilen zeigten, dass die affektive Qualität der Kontakte (Empathie und Kohärenz) von beiden Seiten gleichermaßen positiv bewertet wurde. Dagegen wurde das instrumentelle ärztliche Verhalten (Information, Strukturierung, Verstärkung) von den Patienten weniger positiv bewertet als von den Ärzten selbst. 2. Patienten, die das Gespräch mit dem Arzt bei Aufnahme positiver bewerteten, zeigten stärkere Behandlungseffekte im Hinblick auf Schmerz, Angst und Depression 6 Monate nach Entlassung als die Patienten, die die Aufnahmegespräche weniger positiv bewerteten. Außerdem reduzierten sich die Krankheitstage nach Rehabilitation in der Gruppe der Positivbewerter signifikant um 43% im Vergleich zu nur 4,7% in der Gruppe der Patienten, die die Gespräche mit dem Arzt weniger positiv bewerteten. 3. Die durch die Patienten beurteilte Kontaktqualität bei Aufnahme korrelierte schwach, aber positiv mit einer Reihe von patientenseitigen Merkmalen wie dem Wissen über die Erkrankung, der wahrgenommenen Symptomkontrolle, der Selbstwirksamkeit hinsichtlich der Umsetzung von Maßnahmen sowie mit positiven Erfahrungen mit Ärzten am Heimatort. Eine Regressionsanalyse konnte zeigen, dass die Interaktionsqualität als Prädiktor der Reduktion der Schmerzen zu t2 eingeschlossen wurde, während die patientenseitigen Variablen ausgeschlossen wurden, ein Hinweis darauf, dass diese allein nicht ausreichen, um das Behandlungsergebnis vorherzusagen, sondern dass die Interaktion zwischen Arzt und Patient und deren Qualität einen eigenständigen Beitrag zu diesem Behandlungsergebnis leistet.

Die Ergebnisse der Studie legen eine positive Beziehung zwischen der Interaktionsqualität, wie sie mithilfe des P.A.INT-Fragebogens zur Patienten-Arzt-Interaktion gemessen wurde, und langfristigen Behandlungsergebnissen nahe. Vergleiche zwischen Patient- und Arzturteilen zeigten, dass Ärzte erfolgreich darin sind, die Beziehung auf der affektiven Ebene zu gestalten, aber weniger erfolgreich darin, Patienten effektiv zu informieren und zu ermutigen. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer guten Interaktion zwischen Arzt und Patient für den Erfolg der Rehabilitation. Diese scheint unabhängig von patientenseitigen Kompetenzen zu positiven Behandlungsergebnissen beizutragen.

Quelle: Thieme eJournals – Abstract

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