Stationäre kognitive Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen: Effektivität und Erfolgsprädiktoren in der Routineversorgung

Sascha Gönner, Klaus Limbacher, Willi Ecker
Effektivitätsstudien zur Behandlung von Zwangsstörungen unter klinischen Routineversorgungsbedingungen sind im ambulanten und stationären Bereich bisher rar. Multimorbide, bereits vorbehandelte Patienten werden in randomisierten, kontrollierten Studien (RCTs) meist ausgeschlossen. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob sich durch stationäre kognitive Verhaltenstherapie (KVT) in einer wenig selektierten Stichprobe unter alltäglichen Routinebedingungen gleich hohe Effekte erzielen lassen wie in RCTs und welche Prädiktoren den Therapieerfolg beeinflussen.
108 Zwangspatienten wurden in einer naturalistischen Studie untersucht. 91% nahmen bereits Psychotherapie in Anspruch, 76% hatten zusätzliche komorbide Störungen, 63% wurden bei Aufnahme mit Antidepressiva behandelt. Zu Beginn und am Ende einer stationären multimodalen KVT (mittlere Verweildauer = 52,0 Tage; SD = 11,9) wurden die Yale-Brown Obsessive- Compulsive Scale-Selbstrating (Y-BOCS-SR) und das Beck-Depressionsinventar (BDI) zur Veränderungsmessung eingesetzt. Prädiktorvariablen wurden über die Routinebasisdokumentation erfasst.
Zwangssymptomatik und Depressivität nahmen deutlich ab. Es ergaben sich hohe Effekte (Y-BOCS-SR: d = 1,7; BDI: d = 0,9), auch wenn vorzeitig entlassene Patienten in die Analysen einbezogen wurden. Bei Therapieende war die Hälfte der Patienten gebessert, ein Drittel remittiert. Keines der untersuchten Merkmale (Symptomschwere, komorbide Störung, depressive Störung, komorbide Persönlichkeitsstörung, psychotherapeutische Vorbehandlung, sexuelle Traumatisierung, Partnerschaftsprobleme, Arbeitslosigkeit) hatte einen Einfluss auf den Therapieerfolg.
Unter stationären Routineversorgungsbedingungen lassen sich mit kognitiver Verhaltenstherapie bei multimorbiden, bereits vorbehandelten Zwangspatienten sehr gute Therapieeffekte erzielen. Im Vergleich zu RCTs, die im stationären Setting durchgeführt wurden, fielen sie etwas geringer aus, allerdings bei ebenfalls geringerer Behandlungsdauer. Um die in verschiedenen Studien erzielten Therapieeffekte sinnvoll miteinander vergleichen zu können, müssen weitere Studienmerkmale wie beispielsweise Therapiedosis, Stichprobenmerkmale, Ausschlusskriterien/-rate oder eingesetzte Messinstrumente sorgfältig dokumentiert und gegenübergestellt werden.

Stationäre kognitive Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen: Effektivität und Erfolgsprädiktoren in der Routineversorgung

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