Effekte stationärer Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen für Mütter und Kinder – Eine kontrollierte Vergleichsstudie

F. Otto
Hintergrund und Ziel:
Die Evaluation von Rehabilitationsmaßnahmen erfolgte lange Zeit überwiegend im Ein-Gruppen-Prä-Post-Design oder durch Vergleich verschiedener Interventionsprogramme. Ziel der vorliegenden Studie war es, Status und mittelfristige Veränderungen der gesundheitlichen und psychosozialen Lage von Müttern mit bzw. ohne Bewilligung und Teilnahme an einer stationären Mutter-Kind-Maßnahme zu untersuchen.

Methode:
Die Erstbefragung der Frauen (T1) erfolgte zum Zeitpunkt der Antragstellung, die Nachbefragung (T2) 6 Monate später (Ngesamt=477). Zu diesem Zeitpunkt hatten 353 Mütter eine Mutter-Kind-Maßnahme absolviert (IG=Interventionsgruppe), 75 Frauen hatten die bewilligte Maßnahme noch nicht angetreten (WG=Wartegruppe). 49 Anträge waren endgültig abgelehnt worden (AG=abgelehnte Gruppe). Untersucht wurde, inwiefern sich die Mütter der 3 Teilstichproben zum Zeitpunkt der Beantragung einer Mutter-Kind-Maßnahme und nach erfolgter bzw. ausgebliebener Intervention hinsichtlich gesundheitlicher Parameter unterschieden. Die Outcome-Variablen orientierten sich an der Begutachtungsrichtlinie Vorsorge und Rehabilitation des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS). Dauer bzw. Schweregrad von Befindlichkeitsstörungen (z. B. Nervosität), somatischen und psychischen Erkrankungen, psychosozialen Kontextfaktoren (z. B. Alleinerziehen) sowie Einschränkungen der Aktivitäten und Partizipation, bezogen auf die familiäre und berufliche Situation der Mütter, wurden über Likert-skalierte Itembatterien ermittelt (indirekte Veränderungsmessung). Die psychische Gesamtbelastung wurde mittels SCL-K-9 erfasst.

Ergebnisse:
Zum Zeitpunkt der Antragstellung wiesen Mütter mit Maßnahmebewilligung (IG und WG) durchschnittlich höhere Belastungen und Beschwerden auf als Mütter der AG, wobei sich allerdings keine signifikanten Unterschiede ergaben. Nach 6 Monaten zeigten die Mütter der IG hoch signifikante und klinisch bedeutsame Verbesserungen. Große Effekte wurden hinsichtlich der Zahl der Erkrankungen, Befindlichkeitsstörungen, Einschränkungen der Aktivitäten und Partizipation und der psychischen Gesamtbelastung erzielt, kleine Effekte bei der Reduktion psychosozialer Belastungen. Im Gegensatz dazu war die Zahl der Erkrankungen und Befindlichkeitsstörungen bei den Müttern der WG und der AG tendenziell angestiegen. Die psychische Gesamtbelastung nahm in beiden Gruppen ohne Intervention zu. Der Anstieg war in der WG signifikant, in der AG wurde annähernd der Wert der IG vor der Intervention erreicht.

Schlussfolgerung:
Stationäre Mutter-Kind-Maßnahmen verbessern die gesundheitliche Lage nicht nur kurzfristig, sondern führen auch mittelfristig zu einer klinisch bedeutsamen Reduktion der Belastungen und Beschwerden. Demgegenüber verschlechtert sich die gesundheitliche Lage bei Ausbleiben einer Intervention bei der Mehrzahl der Frauen. Das trifft auch auf die Mütter zu, deren Antrag abgelehnt wurde. Im Bewilligungsverfahren für eine Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme sollten Selbstauskunftsbögen verstärkt berücksichtigt werden, um Mütter mit Behandlungsbedarf frühzeitig zu erkennen. Eine notwendige Mutter-Kind-Maßnahme sollte zeitnah angetreten werden.

Thieme E-Journals – Die Rehabilitation / Abstract

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