Rehabilitationserfolg bei Menschen mit türkischem Migrationshintergrund

M. Brause, B. Reutin, O. Razum, T. Schott
Ziel der Studie:
Rund 3 Mio. Menschen in Deutschland haben einen türkischen Migrationshintergrund, in Nordrhein-Westfalen haben 4,7% einen türkischen Migrationshintergrund. Sie nutzen dieselben Rehabilitationseinrichtungen wie die übrige Bevölkerung, jedoch mit einem geringeren Rehabilitationserfolg – so die wenigen Studien, die vorliegen. Ziel des Projekts „Migration und gesundheitliche Ungleichheit in der Rehabilitation“ war herauszufinden, a) wie groß der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund in verschiedenen Indikationsgebieten ist, b) ob sich Unterschiede im Rehabilitationserfolg in allen Indikationsgebieten zeigen und c) ob diese Unterschiede tatsächlich auf den Migrationshintergrund zurückzuführen sind, oder ob andere sozioökonomische Merkmale, die mit dem Migrationsstatus einhergehen, ursächlich sind.

Methoden und Ergebnisse:
Es wurden Routinedaten der Deutschen Rentenversicherungen Rheinland und Westfalen zu 363 855 Personen ausgewertet, die in den Jahren 2000-2006 mindestens eine Rehabilitation durchlaufen hatten. Der Anteil türkischstämmiger Rehabilitanden lag bei 4,8%. Türkischstämmige Rehabilitanden wurden zusätzlich zur Nationalität durch einen modifizierten Namensalgorithmus identifiziert. Der Rehabilitationserfolg wurde anhand des medizinischen Entlassungsurteils operationalisiert. Türkische Rehabilitanden kamen häufiger aufgrund der Diagnose psychische/Verhaltensstörungen (türkische Männer=22,0% vs. nicht-türkische Männer=18,4% [p<0,001]; türkische Frauen=30,8% vs. nicht-türkische Frauen=21,6% [p<0,001]) und seltener aufgrund der Diagnose Neubildungen (türkische Männer=4,7% vs. nicht-türkische Männer=7,8% [p<0,001]; türkische Frauen=6,4% vs. nicht-türkische Frauen=13,9% [p<0,001]) in die Rehabilitationseinrichtungen und profitierten – zumindest in einigen Indikationsgebieten – seltener von der Rehabilitation als nicht-türkische Rehabilitanden (Muskel-Skelett-/Bindegewebserkrankungen: OR=2,08 [95%-KI=1,97-2,20]; psychische/Verhaltensstörungen: OR=1,70 [95%-KI=1,57-1,84]; Erkrankungen des Atmungssystems: OR=1,41 [95%-KI=1,14-1,75]; Erkrankungen des Verdauungssystems/Stoffwechsels: OR=1,36 [95%-KI=1,11-1,66]). Die höheren Erfolgschancen nicht-türkischer Rehabilitanden zeigten sich auch adjustiert für soziale und versorgungsbezogene Variablen. Nur bei den Erkrankungen des Kreislaufsystems und den Neubildungen waren die Unterschiede nicht signifikant.

Schlussfolgerungen:
Die gefundenen Unterschiede, die stets zu Ungunsten der türkischstämmigen Rehabilitanden ausfielen, ließen sich nicht allein auf die vorhandenen sozialen Unterschiede zwischen türkischen und nicht-türkischen Personen zurückführen. Der Migrationsstatus hat demnach Einfluss auf den Rehabilitationserfolg und muss in der Versorgungsrealität beachtet und konzeptionell aufgearbeitet werden.

Thieme E-Journals – Die Rehabilitation / Abstract

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