Unterschiedliche Ausgangsbelastungen in der medizinischen Rehabilitation: Möglichkeiten der Flexibilisierung am Beispiel der Reha-Nachsorge

Hintergrund: Das Nachsorgekonzept Neues Credo wurde interdisziplinär und praxisnah für Patienten mit chronischem Rückenschmerz (cRS) entwickelt. Es sieht eine Fokussierung der Reha-Nachsorge schon während des Aufenthalts und eine längerfristige Begleitung der Rehabilitanden nach Abschluss der Reha vor. In einer multizentrischen, kontrollierten Längsschnittstudie zeigte sich, dass Rehabilitanden der Interventionsgruppe (IG) Reha-Inhalte und -Ziele im Jahr nach der Reha signifikant besser im Alltag umsetzen konnten und dass sie signifikant bessere Langzeiteffekte erreichten [Deck et al., 2012]. Es gibt aber auch Rehabilitanden, die vom Neuen Credo nicht profitierten, weil sie mit geringen Belastungen die Reha antraten. Unter der Annahme, dass geringer beeinträchtigte Rehabilitanden eine weniger aufwendige Nachsorge benötigen als Rehabilitanden mit größeren Beeinträchtigungen wurde in einer Folgestudie die Nachsorgestrategie flexibilisiert. Untersucht wird, ob die IG trotz Flexibilisierung nachhaltigere Effekte erreicht als die Kontrollgruppe (KG) ohne das Nachsorgekonzept.

Methode: Es wurde eine bizentrische, prospektive, kontrollierte Längsschnittstudie mit 3 Messzeitpunkten durchgeführt. Die Flexibilisierung der Nachsorge erfolgte anhand der Ausprägungen in den Hauptzielgrößen Funktionsbehinderungen im Alltag (FFbH-R) und Einschränkungen der Teilhabe (IMET) zu Beginn der Reha. Die beiden Instrumente wurden als Hauptzielgrößen gewählt, da sie sich in zahlreichen Rehabilitandenstichproben bewährt haben. Für den FFbH-R liegen darüber hinaus Referenzdaten aus unterschiedlichen Patienten- und Bevölkerungsstichproben vor. Rehabilitanden, die geringe Beeinträchtigungen aufwiesen, erhielten nur die Elemente des Neuen Credo während des Klinikaufenthalts, Rehabilitanden mit relevanten Einschränkungen erhielten das komplette Neue Credo über einen Zeitraum von 12 Monaten nach der Reha. Zur Evaluation der Wirksamkeit wurden die Daten der Kontrollgruppe aus der Vorgängerstudie [Deck et al., 2012] herangezogen. Auch in dieser Stichprobe wurden die Rehabilitanden hinsichtlich ihrer Beeinträchtigungen gruppiert.

In die Analysen wurden die Rehabilitanden eingeschlossen, die keine relevanten Beeinträchtigungen aufwiesen (IG N=81; KG N=157).

Ergebnisse: Hinsichtlich der Langzeiteffekte ergab sich für die primäre Zielgröße FFbH-R ein signifikant positiver Intragruppen-Effekt für die IG, die KG erreicht 12 Monate nach der Reha wieder den Ausgangswert. Beim IMET ergibt sich für die IG ebenfalls ein signifikanter Intragruppeneffekt, die KG verändert sich im Zeitverlauf nicht. Es lassen sich bei beiden Outcomegrößen keine signifikanten Interaktionseffekte feststellen. Bei den sekundären Zielgrößen ergaben sich für die IG in allen Outcomes Intragruppen-Effektstärken kleiner bis mittlerer Größenordnung, die KG erreicht bei der Hälfte dieser Outcomes Intragruppen-Effekte kleiner Größenordnung.

Schlussfolgerungen: Rehabilitanden, die mit eher geringen Beeinträchtigungen die Rehabilitation erreichen, verstetigen die Reha-Effekte auch mit einer reduzierten Nachsorgestrategie. Nachsorge-Angebote sollten demzufolge dem individuellen Bedarf angepasst werden. Rehabilitanden, die mit relativ gutem Gesundheitszustand die Reha antreten, scheinen von einer intensiven Nachsorge keinen zusätzlichen Nutzen zu ziehen.

Thieme E-Journals – Die Rehabilitation / Abstract

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