Gibt es Zusammenhänge zwischen Verbitterung und klinischen sowie persönlichkeitsbezogenen Faktoren bei psychosomatischen Patienten?

Einleitung: Das Verständnis von Verbitterung reicht von einer negativen allgemeinmenschlichen Emotion bis hin zu einem destruktiven komplexen Affekt infolge einer nicht bearbeitbaren Kränkung.

Fragestellung: Es wird untersucht, ob es bei stationär-psychosomatischen Patienten relevante Zusammenhänge zwischen Formen der Verbitterung und klinischen sowie persönlichkeitsbezogenen Variablen bestehen.

Material und Methoden: Prospektive naturalistische Studie über 14 Monate anhand von konsekutiv und ohne Ausschlusskriterien aufgenommenen Patienten in einer akut-psychosomatischen Abteilung (N=166). Allgemeine Verbitterung und 4 Subskalen werden mit dem Berner Verbitterungs-Inventar (BVI), Persönlichkeit mit BFI-10, klinische Variablen vorwiegend mit validierten Instrumenten (HoNOS, BDI, HADS, GAF, CGI, IIP-D, BSCL, Komorbidität, Dauer der Erkrankung sowie Struktur und Konfliktbelastung nach OPD-2) erfasst. Unterschiede zwischen Verbitterungsgraden werden mit univariaten Varianzanalysen, Zusammenhänge zwischen Verbitterung und klinischen sowie persönlichkeitsbezogenen Variablen mit multivariaten linearen und multinomialen Regressionsmodellen untersucht.

Ergebnisse: Die allgemeine Verbitterung fällt in den durchschnittlichen Bereich. In univariaten Varianzanalysen fallen Neurotizismus, IIP, BDI, HADS und BSCL bei überdurchschnittlicher Verbitterung signifikant höher aus. In multivariaten Regressionsmodellen korrelieren BDI, BSCL und Neurotizismus positiv mit Gesamtverbitterung, während GAF, Krankheitsdauer und Gewissenhaftigkeit negativ korrelieren. Diagnose, Krankheitsschwere, Konfliktbelastung und Strukturniveau sind nicht signifikant mit dem Grad der Verbitterung assoziiert. Die Modelle weisen eine erklärte Varianz der Verbitterung zwischen 11 und 39% auf.

Diskussion: Verbitterung zeigt bei psychosomatischen Patienten geringe und inkonsistente Zusammenhänge mit Persönlichkeitsvariablen, Krankheitsschwere, Diagnose, und psychopathologischer Belastung mit Ausnahme von Depressivität und Neurotizismus. Interpersonelle Probleme dürften relevanter sein als psychiatrische und persönlichkeitsbezogene Faktoren.

Schlussfolgerungen: Verbitterung kann als weitgehend von Krankheitsschwere, Diagnose und Persönlichkeit unabhängiges Konstrukt in die psychiatrische und psychosomatische Praxis Eingang finden.

Thieme E-Journals – PPmP – Psychotherapie · Psychosomatik · Medizinische Psychologie / Abstract

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