Einschränkungen der Teilhabe in der Bevölkerung – Normdaten für den IMET auf der Basis eines Bevölkerungssurveys in Norddeutschland

Hintergrund: Die medizinische Rehabilitation in Deutschland ist durch das bio-psycho-soziale Denkmodell der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) geprägt. Für einen Einsatz in rehabilitationswissenschaftlichen Studien ist die Anwendung der ICF aufgrund ihrer Komplexität jedoch weniger geeignet. Die Umsetzung der ICF erfordert eigene Assessmentinstrumente, die im rehabilitativen Setting Aktivitäten und Teilhabe in ökonomischer Weise erfassen können. Instrumente zur Erfassung von sozialer Teilhabe sind im deutschen Sprachraum kaum verfügbar und wurden bislang nur vereinzelt in empirischen Arbeiten eingesetzt. Der 2005 entwickelte Index zur Messung von Einschränkungen der Teilhabe (IMET) misst indikationsübergreifend das in der ICF formulierte Konstrukt Teilhabe bei Personen mit unterschiedlichen chronischen Krankheiten. Er wurde bislang in zahlreichen Studien eingesetzt. Bislang fehlte es an Referenzwerten, die eine Einordnung der Ergebnisse aus dem rehabilitativen Setting ermöglichen.

Methode: Im Rahmen eines Bevölkerungssurveys wurde einer Zufallsstichprobe von 5 004 Personen aus dem Einwohnermeldeamt Lübeck ein kurzer Selbstausfüllfragebogen zugeschickt. Der Fragebogen beinhaltete Fragen zum allgemeinen Gesundheitszustand und zur Lebensqualität, zur Prävalenz chronischer Erkrankungen und zu Einschränkungen der Teilhabe (IMET).

Ergebnisse: Der Fragebogen wurde von 2 755 Personen der 4 692 eligiblen Personen zurückgeschickt (58,7%). 731 Personen lehnten im Fragebogen eine Teilnahme an der Studie ab, die Teilnahmequote liegt damit bei 43,1%. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 53 Jahre (SD: 17,1), der Frauenanteil lag bei 53%. Die Ausprägungen der Einschränkungen der Teilhabe variieren nach Geschlecht und Alter. Männer sind in ihrer Teilhabe tendenziell stärker eingeschränkt. Einschränkungen der Teilhabe nehmen mit höherem Alter erwartungsgemäß zu. Teilnehmer mit geringer Schulbildung weisen auf allen Items signifikant höhere Teilhabeeinschränkungen auf als Personen mit höherer Schulbildung. Teilhabeeinschränkungen korrelieren signifikant mit dem Gesundheitszustand und der Lebensqualität sowie mit der Prävalenz verschiedener chronischer Krankheiten.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die Stichprobe aus der Lübecker Bevölkerung umfasste Personen im Alter von 19 bis 79 Jahren. Die Altersverteilung unserer Stichprobe weicht von der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung an den Rändern ab: jüngere Personen sind unter-, ältere Personen überrepräsentiert. Mit Blick auf den Bildungsgrad weist unsere Stichprobe einen höheren Anteil von Personen mit Fach- oder Hochschulreife im Vergleich zur bundesdeutschen Bevölkerung auf. Einschränkungen der Teilhabe in unserer Bevölkerungsstichprobe variieren nach Alter und Geschlecht und korrelieren hoch mit inhaltsverwandten Konstrukten. Normdaten für den IMET erleichtern die Einordnung von Einschränkungen der Teilhabe bei Rehabilitanden oder Patienten mit chronischen Erkrankungen in der Gesundheitsversorgung.

Thieme E-Journals – Die Rehabilitation / Abstract

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