Eingangsbelastungen, kurzfristige Reha-Effekte und Prädiktoren des Entlassungsstatus bei 1 803 Patientinnen mit Fibromyalgie-Syndrom

Ziel: Am Beispiel von Rehabilitanden mit Fibromyalgie-Syndrom (FMS) erläutert der Artikel ein Problem, das unseres Wissens bislang in der Reha-Forschung noch nicht thematisiert worden ist: Unser großer Datensatz zeigt, dass ein erheblicher Anteil der Patienten mit „extrem auffälligen“ Werten (<2. Perzentil in der Normstichprobe) entlassen werden mussten – obwohl sie sich während der Reha-Maßnahme stark verbessert hatten.

Daten und Methodik: Seit 2009 beantworten die Patienten im RehaKlinikum Bad Säckingen, einer orthopädisch-rheumatologischen Reha-Klinik, den Fragebogen „Indikatoren des Reha-Status (IRES)“ zu Beginn und am Ende ihres Klinikaufenthalts. Wir haben die IRES-Daten von 1 803 Patienten mit FMS (94% Frauen) analysiert. Dabei haben wir zusätzlich zur Berechnung der Veränderungen zwischen Aufnahme und Entlassung die Schweregrade zu beiden Messzeitpunkten anhand eines Vergleichs mit der Normstichprobe des IRES ermittelt. Um die Zugehörigkeit zur Hochrisiko-Gruppe der Patienten mit immer noch extrem auffälligen Werten bei Entlassung zu prognostizieren, wurden binäre logistische Regressionsanalysen durchgeführt.

Ergebnisse: Zu Reha-Beginn zeigten ca. 90% der Patienten IRES-Werte, die als „extrem auffällig“ (65%<2. Perzentil in der Normstichprobe) oder „sehr auffällig“ (27% 2.–10. Perzentil) zu interpretieren sind; und zwar sowohl auf dem IRES-Summenscore als auch auf den Unterdimensionen „Psychisches Befinden“, „Schmerzen“, „Symptome Bewegungsapparat/Herz-Kreislauf“ und „Funktionsfähigkeit in Beruf und Alltagsleben“. Damit sind die FMS-Patienten mit multiplen schweren Belastungen zur Rehabilitation gekommen. Bei Entlassung hatte sich der Mittelwert des IRES mit einer „starken“ Effektstärke von SRM=1,07 verbessert. Trotz dieser guten durchschnittlichen Effekte mussten jedoch 37,4% der Patienten mit „extrem auffälligen“ Werten entlassen werden, obwohl fast 60% von ihnen sich in relevantem (31%) oder starkem (28%) Ausmaß verbessert hatten. Der wichtigste Prädiktor für die Zugehörigkeit zu dieser Hochrisiko-Gruppe war erwartungsgemäß der IRES-Summenscore bei Aufnahme; unerwartet einflussreich aber waren auch einige Merkmale des sozialen Status, wie z. B. geringeres Haushaltseinkommen oder niedrigeres Bildungsniveau.

Schlussfolgerung: In der Rehabilitationsforschung sollten außer den Veränderungen zwischen prä- und post-Messungen zusätzlich die Schweregrade der bei Entlassung verbleibenden Belastungen bestimmt werden, weil selbst gute Verbesserungen noch nicht bedeuten, dass die Rehabilitation erfolgreich war.

Quelle: Thieme E-Journals – Die Rehabilitation / Abstract

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