Klinische Sozialmedizin – Warum? Von der epidemiologischen Assoziation zur personalisierten Sozialmedizin am Beispiel der Versorgung bei Mammakarzinom

Vor dem Hintergrund der Weiterentwicklungen der Medizin insbesondere in den Bereichen Molekularbiologie und Genetik hat sich das Paradigma der personalisierten Medizin etabliert, das – an den individuellen Merkmalen und Bedürfnissen kranker Menschen orientiert – eine möglichst passgenaue Therapie und Versorgung unter Miteinbeziehung der Patient/-innen selbst gewährleisten soll. Für einen Erfolg des Konzepts ist jedoch die Berücksichtigung von (psycho-)sozialen Faktoren von hoher Relevanz, da sich insbesondere in der Krebstherapie bspw. die Überlebenswahrscheinlichkeit bei Personen aus sozio-ökonomisch schlechter gestellten Regionen deutlich ungünstiger gestaltet. So ist bei Brustkrebspatientinnen auch der Weg von der Erstbehandlung in einem Brustzentrum zurück in die alltägliche Lebens- und Arbeitswelt von zahlreichen über die medizinische Versorgung hinausgehenden Einflussfaktoren geprägt, die konkret die gesundheitliche Situation und die Erreichung der Therapieziele beeinflussen, aber bisher zu wenig von der Forschung berücksichtigt wurden. Um insbesondere den über die Therapie hinausgehenden Versorgungsbedarfen individualisiert entsprechen zu können, bedarf es tiefgreifender sozialmedizinischer Kenntnisse, die insbesondere das Wissen um die gesundheitliche Ungleichheit aufgrund unterschiedlicher Gesundheitskompetenzen und die daraus resultierende Versorgungsungleichheit miteinschließen. Mittels sozialmedizinischer Kompetenz sowohl in den Kliniken als auch in der ambulanten Versorgung kann den negativen Einflussfaktoren, welche dem sozialen Umfeld sowie den Kommunikations- und Koordinationsdefiziten des Versorgungssystems entspringen und die den gesundheitlichen Status der Patient/-innen konkret mitdeterminieren, individualisiert entgegengewirkt werden. Dies setzt jedoch voraus, dass einer Institutionalisierung der (klinischen) Sozialmedizin Vorschub geleistet wird und insbesondere die Zugangswege zur Weiterbildung im Fach Sozialmedizin in akutmedizinischen Einrichtungen erleichtert werden.

Quelle: Thieme E-Journals – Senologie – Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie / Abstract

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