Psychische Komorbidität in der Gastroenterologie und Hepatologie: Prävalenz und psychosozialer Versorgungsbedarf in der Tertiärversorgung

Hintergrund Im Gebiet der Gastroenterologie und Hepatologie sind Zusammenhänge und Wechselwirkungen mit komorbiden psychischen Störungen vielfach beschrieben, allerdings fehlen aktuelle und methodisch hochwertige Studien zu Prävalenz und Versorgungsbedarf. Ziel der vorliegenden Studie war es, diesen Mangel zu beheben.
Methodik Prospektive, monozentrische Querschnittsuntersuchung einer repräsentativen Stichprobe stationärer Patienten einer Universitätsklinik. Insgesamt wurden 308 Teilnehmer mit einem validierten Fragebogen (PHQ-D) auf das Vorliegen 8 häufiger psychischer Syndrome untersucht. Zusätzlich wurden 63 Teilnehmer auf das Vorliegen psychischer Störungen gemäß ICD-10 mit einem diagnostischen Interview (SKID-I) untersucht, wobei hier ein größeres Diagnosespektrum erfasst wurde. Der psychosoziale Versorgungsbedarf wurde aus Sicht der internistischen Behandler und aus Sicht der psychosomatischen Experten erhoben.

Ergebnisse Die Prävalenz für mind. 1 psychisches Syndrom in der Fragebogen-Stichprobe (PHQ-D exkl. PHQ-15) beträgt 39,6%, wobei unter diesen bei 23,8% mehr als ein Syndrom vorliegt. Am häufigsten kommen depressive Syndrome und Angstsyndrome vor. Es existieren teilweise deutliche Unterschiede in den verschiedenen Subgruppen (Geschlecht, Art und Schwere der somatischen Erkrankung). Die 4-Wochen-Prävalenz für irgendeine psychische Störung in der Interview-Stichprobe (SKID-I) beträgt 52,4%. Es dominieren affektive und somatoforme Störungen sowie Anpassungstörungen. Psychosozialer Versorgungsbedarf bestand in 23,1% aus Behandlersicht und in 30,2% aus Expertensicht.
Schlussfolgerungen Patienten der gastroenterologisch-hepatologischen Tertiärversorgung zeigen hohe Prävalenzen behandlungswertiger psychischer Syndrome respektive Störungen. Im Vergleich mit der Prävalenz psychischer Störungen in der deutschen Allgemeinbevölkerung ist der Anteil aktuell vorliegender psychischer Störungen fast doppelt so hoch (52,4 vs. 27,1%, p<0,001). Zur Deckung des Versorgungsbedarfs sollten die Einrichtung psychosomatischer Liaison-Dienste sowie die Stärkung der psychosomatischen Grundversorgung in der Gastroenterologie/Hepatologie erfolgen.

Thieme E-Journals – PPmP – Psychotherapie · Psychosomatik · Medizinische Psychologie / Abstract

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