Risikofaktoren

Risikofaktoren spielen eine wichtige Rolle in der Vorhersage und Prävention von psychischen Störungen. Klare und präzise Definitionen der Risikobegriffe sind Voraussetzung für die korrekte Interpretation und das Verständnis von Resultaten und damit auch für eine klare und präzise Kommunikation von Befunden über Risikofaktoren. Dies gilt sowohl in der Wissenschaft als auch in den Medien, gegenüber der Allgemeinbevölkerung wie auch den Patienten. Gleichwohl ist die Verwendung von unpräziser Sprache sogar im Bereich der Risikoforschung nicht selten und Begrifflichkeiten wie Risiko, Risikofaktoren und Ursachen werden inkonsistent gebraucht. Ziel dieses Artikels ist es, einen Überblick über zentrale Begriffe und Konzepte im Bereich der epidemiologischen Risikoforschung zu geben. Wir werden uns dafür vor allem auf die Definition von Kraemer et al. stützen

Quelle: Thieme E-Journals – PSYCH up2date / Abstract

Wie valide ist die Diagnostik in der psychosomatischen Rehabilitation?

Das Ziel einer medizinischen Rehabilitation ist die Wiedereingliederung ins Erwerbsleben. Für die individuelle Therapieplanung ist eine fundierte Diagnostik notwendig. Studien weisen jedoch darauf hin, dass Kliniker nur rund 53 % der Schlüsselkriterien einer psychischen Störung erfragen. Das Ziel der vorliegenden Studie dient der Validierung der im Rahmen eines Anamnesegesprächs gestellten Diagnosen innerhalb von psychosomatischen Rehabilitationszentren anhand eines strukturierten Interviewleitfadens (SKID). Die randomisierte Stichprobe (N = 136) wurde aus dem Patientenpool der Rehabilitationszentren Oberharz und Bad Pyrmont der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig Hannover erhoben. Jeder Patient wurde durch einen Therapeuten im Rahmen des Anamnesegesprächs und zudem anhand eines strukturierten Interviews diagnostiziert. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie weisen darauf hin, dass sich die Diagnosevergaben auf der Basis eines strukturierten Interviews und einem Anamnesegespräch stark unterscheiden. Demnach stellt ein strukturiertes Interview eine Möglichkeit dar, zu validen Diagnose im Kontext der psychosomatischen Rehabilitation zu gelangen.

Quelle: Wie valide ist die Diagnostik in der psychosomatischen Rehabilitation?: Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie: Vol 64, No 3

Der Stellenwert der testpsychologischen Befunde bei der Begutachtung von Rentenantragsstellern wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

Wir haben die Ergebnisse der testpsychologischen Verfahren von 100 Begutachteten, die Rentenanträge wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestellt haben, mit den Ergebnissen der gesunden Normstichprobe der jeweiligen Fragebogenverfahren verglichen. Es zeigte sich, dass 44 % der zu Begutachteten auf der Skala «Offenheit» des Freiburger Persönlichkeitsinventars unterdurchschnittliche Werte erreichten, d. h. diesen Fragebogen und u. U. auch die anderen Fragebögen tendenziös i.S. einer sozialen Erwünschtheit, bearbeitet haben. Die Ergebnisse zeigten weiterhin, dass die zu Begutachtenden sich v. a. körperlich als stark belastet erleben. Ihre interaktionellen Schwierigkeiten stufen sie geringer ein als die gesunde Normstichprobe. Psychotherapeutischen Behandlungsansätzen stehen sie eher ablehnend gegenüber und ihre Veränderungsmotivation ist als eher gering einzustufen.

Quelle: Der Stellenwert der testpsychologischen Befunde bei der Begutachtung von Rentenantragsstellern wegen verminderter Erwerbsfähigkeit: Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie: Vol 64, No 3

Sind die Antragsstellungen auf Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit von Langzeitarbeitslosen vor allem auch durch soziale Motive begründet?

Auf der Grundlage einer quantitativen und qualitativen Analyse von 100 sozialgerichtlichen Gutachten im Rahmen von Rentenanträgen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sind wir der Frage nachgegangen, ob nicht vor allem auch soziale Problemstellungen den Rentenanträgen zugrunde liegen würden. Alle Begutachteten waren langzeitarbeitslos und hatten den Rentenantrag aufgrund unterschiedlicher somatischer und psychischer Beschwerden gestellt. Ein Großteil war bereits mehrfach vorbegutachtet worden und noch als leistungsfähig für den allgemeinen Arbeitsmarkt eingeschätzt worden, bevor sie im Widerspruchsverfahren von uns erneut begutachtet worden sind. Für den Einfluss von Medikalisierungsprozessen spricht die deutliche Diskrepanz zwischen der Häufigkeit von Diagnosen sowie Therapien seitens der behandelnden Ärzte einerseits und den Bewertungen der Leistungsfähigkeit durch die Gutachter. Die Gutachter haben zwischen 70 % bis 90 % eine auf der quantitativen Ebene bestehende vollschichtige Leistungsfähigkeit festgestellt.

Quelle: Sind die Antragsstellungen auf Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit von Langzeitarbeitslosen vor allem auch durch soziale Motive begründet?: Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie: Vol 64, No 3

Depression und Persönlichkeitsstörung – eine knifflige Kombination

Die 46-jährige Patientin befand sich zum 3. Mal in teilstationärer psychiatrischer Behandlung, ist aber bereits seit vielen Jahren innerhalb einer psychiatrischen Institutsambulanz angebunden. Hauptgrund für die wiederholten Vorstellungen und tagesklinischen Aufnahmen sind rezidivierende depressive Episoden nach unterschiedlichen psychosozialen Stressfaktoren. Die zugrunde liegende Hauptdiagnose ist allerdings eine dependente Persönlichkeitsstörung, die sich bei der Patientin als starke Abhängigkeit von ihrem Lebensgefährten darstellt und auch immer wieder Grundlage für ein Hineingleiten in depressive Phasen ist.

Quelle: Thieme E-Journals – PSYCH up2date / Abstract

Die wahre Fratze sieht man nicht – Horror-Clowns

Nicht nur klassische Horrorfiguren wie wandelnde Leichname jagen uns einen Schauer über den Rücken – auch Clowns und andere vermeintlich harmlose Gestalten finden wir unheimlich. Wie kommt das? Ein Einblick in die Psychologie des Gruselns.

Rote Nase, breites Grinsen, überdimensioniertes Schuhwerk – in den USA sind die Clowns los. Doch anstatt Kinder im Zirkus oder auf Geburtstagsfeiern mit harmlosen Scherzen zu unterhalten, machen einige Witzbolde im Clownskostüm seit ein paar Wochen vor allem deshalb von sich reden, weil sie Menschen im Dunkeln auflauern und zum Teil auf makabre Weise erschrecken. Auch in Europa sind inzwischen immer mehr „Horror-Clowns“ unterwegs und sorgen dafür, dass manchem beim Anblick einer großen roten Nase eher zum Wegrennen als zum Lachen zu Mute ist.

Quelle: Die wahre Fratze sieht man nicht – Springer Professional Media, Bereich Medizin

Insomnie im Spannungsfeld von Neuro- und Sozialwissenschaften – Eine psycho-sozio-somatische Standortbestimmung

Die Insomnie stellt europaweit eine der häufigsten neuropsychiatrischen Störungen dar und ist mit einer Reihe gesundheitsrelevanter Probleme wie einem erhöhten Risiko für die Entstehung weiterer psychischer und organischer Erkrankungen vergesellschaftet. Eine Vielzahl organischer, sozialer und intrapsychischer Risikofaktoren ist an der Genese dieser Schlafstörungen beteiligt. Als wesentlicher Kernaspekt der Pathophysiologie der Insomnie kann das facettenreich beschriebene Hyperarousal gelten, das seine Entsprechung findet in einer Überaktiviertheit in verschiedenen Bereichen wie Kognitionen, Emotionen, neuronale Aktivität, der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse und einer Vielzahl weiterer neurovegetativer Parameter. Neuere Forschung dokumentiert neben Risikofaktoren für die Entstehung von Insomnien auch einige protektive Faktoren, die von sowohl individueller als auch gesellschaftlicher Relevanz sind.

Quelle: Thieme E-Journals – Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie / Abstract

Depressionen schlagen auf das Herz wie Übergewicht und Cholesterin

Depressionen bergen für Männer ein ähnlich großes Risiko für Herzkreislauferkrankungen wie hohe Cholesterinwerte oder Fettleibigkeit. Das berichten Forscher in einer aktuellen Studie, die im Fachmagazin ‚Atherosclerosis‘ erschienen ist.

Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO leiden global 350 Millionen Menschen an Depressionen. Die Krankheit beeinträchtigt aber nicht nur in erheblichem Maße den seelischen Zustand, sondern kann sich auch auf körperliche Prozesse auswirken.

Quelle: Depressionen schlagen auf das Herz wie Übergewicht und Cholesterin

Assessment beruflicher Problemlagen in der Neurorehabilitation

Einleitung: Das Würzburger Screening (WS) wird von der Deutschen Rentenversicherung zur Identifikation beruflicher Problemlagen (BPL) in der Rehabilitation empfohlen. Es ist allerdings unklar, ob es auch für neurologische Rehabilitanden verwendbar ist.

Methodik: Daten von 347 neurologischen Rehabilitanden in der Anschlussrehabilitation wurden untersucht. Die Ergebnisse des WS sowie einer ärztlichen Einschätzung der BPL zu Reha-Beginn wurden mit der Erwerbsprognose zu Reha-Ende verglichen.

Ergebnisse: Die Sensitivität des WS in der Vorhersage der Erwerbsfähigkeit lag bei 61,5 %, mit einer Spezifität von 59,4 %. Wenn das WS mit der ärztlichen Einschätzung kombiniert wurde, stieg die Sensitivität auf 75 %, während die Spezifität auf 50,9 % fiel. Bezogen auf die Vorhersage des weiteren Rehabilitationsbedarfs betrug die Sensitivität des WS 56,3 % und die Spezifität 76,4 %. Durch die Kombination mit der ärztlichen Einschätzung erhöhte sich die Sensitivität auf 76,5 %, wobei die Spezifität mit 76,1 % etwas geringer ausfiel.

Schlussfolgerung: Weder das WS noch eine Kombination mit einer ärztlichen Einschätzung lässt eine valide Prognose des Erwerbsstatus oder eines Rehabilitationsbedarfs bereits zu Reha-Beginn zu. Dies lässt vermuten, dass die für andere Indikationsgruppen belegte Validität des Würzburger Screenings nicht ohne Weiteres auf die neurologische Rehabilitation übertragbar ist. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die Validität dieser Skala tiefgehender zu eruieren.

Quelle: Thieme E-Journals – Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie / Abstract

E-Mental-Health: Chancen und Risiken

Die Prävalenz psychischer Erkrankungen hat in den letzten Jahrzenten offensichtlich nicht zugenommen, wohl aber wird zunehmend mehr Behandlung nachgefragt. Auf der Basis der publizierten Leitlinien wie beispielsweise der S3/NVL-Leitlinie Depression fehlt jedoch ab der mittelgradigen Depression unterstützend zur Pharmakotherapie das Angebot einer Psychotherapie. Metaanalysen zeigen, dass z. B. bei affektiven Erkrankungen eine Psychotherapie den Langzeitverlauf günstig beeinflusst und somit sicherlich Teil des Gesamtbehandlungsplans sein muss. Diese Fakten führen somit zu einem zunehmenden Bedarf an Psychotherapie, was aber nur bedingt das aktuelle System ärztlicher und psychologischer Psychotherapeuten abbildet.

Quelle: Thieme E-Journals – Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie / Abstract